Lehrstuhl für Neuere deutsche Literatur - Prof. Dr. Friedrich Vollhardt
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Forschung

Forschungsschwerpunkte

  • (historischer) Roman
  • Lyrik
  • Literaturtheorie
  • Vergleichende Literaturwissenschaft: deutsche/italienische/lateinische Literatur | Antikerezeption

Heisenberg-Projekt: Interpretationskulturen der Gegenwart

Ziel des Projekts ist eine systematische Analyse von Interpretationskulturen, in denen literarische Texte rezipiert werden und die in Form von Rezeptionserwartungen auf ihre Produktion zurückwirken. Chronologisch soll dabei die Gegenwartsliteratur im Vordergrund stehen, gleichzeitig soll in flankierenden Publikationen die Literatur um 1800 eingebunden werden, weil in der (Früh-)Romantik und seit der Postmoderne jeweils interpretatorische Ansätze entstehen, die umgehend in der zeitgenössischen Literatur reflektiert werden. Wie also beeinflussen sich Literatur, ihre Rezeption und ihre Theorie wechselseitig?

Im Zuge des Projekts möchte ich interpretationstheoretische und -praktische Phänomene in der Verflechtung von Literatur und Rezeption betrachten und mit einem innovativen Instrumentarium beschreiben. Die Perspektive wird sich sowohl von der Interpretationskultur zum Text als auch umgekehrt be¬wegen: Im Zentrum steht zunächst die Frage, wie literarische Texte (interpretations-)theoreti¬sche Verfahren aufgreifen. Sodann möchte ich umgekehrt untersuchen, wie einzelne Phänomene des Textes in unterschiedlichen Interpretationskulturen wahrgenommen werden. Unter ‚Interpretationskultur‘ verstehe ich dazu Theorien und Praktiken, mit denen Texte in einem bestimmten Zeitraum und/oder in einer Gruppe faktisch rezipiert werden.

Die Rekonstruktion der Interpretationskultur soll dabei nicht nur – wie die klassische Rezeptionsanalyse – unmittelbare Rezeptionszeugnisse in den Blick nehmen (z.B. Kritiken oder Rezensionen), sondern auch zeitgenössische Theorien und Methoden der Interpretation, literarische Werke, die an andere Texte anschließen (etwa intertextuell oder mit Verfahren von Dialogizität), oder literarisch-kulturelle Netzwerke, deren Verbindungen Teile der Interpretationskultur abbilden. Das Vorhaben zielt also darauf ab, Literatur und ihre Rezeption als Wechselspiel und unter Einbeziehung quantitativer Analyseverfahren zusammenzudenken.

Monographie: Theorizing Literature

Die literaturtheoretischen Strömungen des 20. Jahrhunderts haben zu einer Reihe von literarischen Texten geführt, die sich im Rahmen der Fiktion mit ihrer interpretatorischen Erschließung auseinandersetzen. Zu nennen sind Werke von Laurent Binet, Italo Calvino, Ulrike Draesner, Patricia Duncker, Umberto Eco, David Lodge oder Juli Zeh. Sie sind Ausdruck einer wechselseitigen Inspiration von Literatur und Theorie, die in Fallstudien untersucht, aber bislang nicht adäquat theoretisch aufgearbeitet wurde. Ausgehend von Texten, die literaturtheoretische Elemente auf formaler oder inhaltlicher Ebene verhandeln, versuche ich in einer englischsprachigen Monographie einen fundierten Zugriff auf das Phänomen.

Aktuelles Projekt: Grenzen der Optimierung in Literatur und Recht
(gemeinsam mit Timo Rademacher, Hannover)

Das Vordringen künstlicher Intelligenz in alle Winkel der Welt verspricht eine nie dagewesene Erfassung der Gegenwart und Vorhersage der Zukunft: Eine kalkulierte Welt entsteht, in der Optimierung keine Vision, sondern Realität ist. Das Projekt soll nach Chancen und Problemen einer digital optimierten Welt fragen. These ist: Wo das Kalkül überhand nimmt, kommt möglicherweise die Kontingenz zum Zug. Entsprechend befassen sich aktuell zentrale literarische Texte mit der Frage, wie perfekt ein System sein kann, ehe es an Grenzen stößt – wann die Optimierung eine Sehnsucht nach Zufall und Willkür mit sich bringt. Das Projekt fragt also: Fordern Ordnungssysteme ihre Subversion durch Un- oder Um-Ordnung heraus?

Aktuelles Projekt: Anerkennung in der zeitgenössischen Literaturszene
(gemeinsam mit Lena Hipp, Berlin)

Das Projekt untersucht empirisch Formen der Anerkennung in der zeitgenössischen Literaturszene. Dort spielt Anerkennung in Form von Preisen, Nominierungen, Verkaufszahlen, Honoraren oder medialer Aufmerksamkeit eine bedeutende Rolle. Wegen der Tendenz zu 'Superstars' und 'The-winner-takes-it-all'-Märkten ist Anerkennung in Kunst und Literatur noch wesentlicher als in anderen Lebens- und Arbeitsbereichen. Wir fragen: Wer schafft es nach oben? Wem wird welche Anerkennung zuteil? Konkret wollen wir dazu erstens mit quantitativer Datenanalyse ermitteln, wie sich der Erhalt von Auszeichnungen auf den weiteren Erfolg von Autorinnen und Autoren auswirkt und ob diese Effektstärke mit demographischen Charakteristika variiert. Zweitens beziehen wir die qualitative Bewertung der literarischen Texte (z.B. in Rezensionen) mit ein, um die Frage nach Anerkennung weiter auszudifferenzieren.

Konferenz: Juli Zeh. Text und Engagement (DLA Marbach, 28./29.04.2022)

Juli Zeh gehört zu den bekanntesten Autor:innen der Gegenwartsliteratur. In der Tradition der Dichterjuristin verhandelt sie in ihren Werken juristische, politische und soziale Fragen. Gleichzeitig nimmt sie als engagierte Schriftstellerin an aktuellen gesellschaftlichen Debatten teil. Ihr Werk, das mittlerweile auch Schullektüre ist, für Bühne und Film adaptiert und in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, reicht von den frühen Texten in der Anlage des Kriminalromans ("Adler und Engel", "Schilf") über dystopische Texte ("Corpus Delicti", "Leere Herzen") bis hin zu Gesellschaftsstudien ("Spieltrieb", "Unterleuten", "Über Menschen").

Im Zuge der Tagung haben wir dieses vielfältige Werk aus verschiedenen Perspektiven analysiert und in seinen literarischen sowie gesellschaftlichen Kontexten lokalisiert. Konkret ging es beispielsweise darum, gattungs- oder literaturgeschichtliche Überlegungen zu Zehs Werk anzustellen oder die Texte vor dem Hintergrund der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur zu fassen. Auch wesentliche intertextuelle oder theoretische Referenzpunkte wurden untersucht. Thematisch waren insbesondere Zehs Bezugnahmen auf die Rechtswissenschaft bzw. Recht und Staat allgemein relevant. Die schriftlich ausformuliderten Beiträge werden voraussichtlich im Herbst 2023 in einem Sammelband bei Metzler publiziert.

Das Tagungsprogramm steht unten zum Download bereit.

Abgeschlossenes Projekt: Handbuch Umberto Eco. Leben – Werk – Wirkung

Einem Weltpublikum bekannt geworden ist Umberto Eco mit seinem Werk Der Name der Rose. Dem Beststeller folgten bis zu Ecos Tod im Jahre 2016 sechs weitere Romane sowie zahllose Essays, Interviews und Zeitschriftenkolumnen. Einen Namen gemacht hatte sich Eco jedoch bereits vor seinem literarischen Schaffen mit theoretischen Texten, u.a. seinem kontrovers diskutierten "Offenen Kunstwerk" sowie seinen Schriften zur Semiotik. Auch als Schriftsteller blieb Eco zeitlebens Literatur- und Kulturtheoretiker; bei kaum einem weiteren Autor des 20. Jahrhunderts ist das theoretische und literarische Schaffen ähnlich stark verknüpft. Das Handbuch bietet Wegweiser in alle Aspekte von Umberto Ecos vielfältigem Wirken und stellt dabei zahlreiche Querbezüge her, etwa zwischen Literatur und Theorie, Kriminalroman und Semiotik sowie Geschichte und Geschichten.

Einleitung und Inhaltsverzeichnis stehen unten zum Download bereit.

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